Martin Bläse · Silberschmiedemeister

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Mikrozensus

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In der folgenden Zeit war es in dieser Angelegenheit ruhiger geworden,
aber ab und zu gibt es Menschen, die sich durch unsere Erfahrungen ermutigt und inspiriert fühlen
sich auch nicht einfach alles gefallen zu lassen
und einen von ihnen möchte ich hier auch zu Wort kommen lassen,
selbstverständlich ungekürzt und unzensiert (lediglich das Layout habe ich dieser Seite angeglichen)
und selbstverständlich liegt die Verantwortung für das Geschriebene bei dem Autor:
Mikrozensus: Geringer Nutzen, teuer und verfassungswidrig
von Günther Riegel:

Die Freiheit jedes Bürgers, selbst zu entscheiden, was er mit seinen Daten macht oder nicht,
hat Verfassungsrang (informationelle Selbstbestimmung).
Dieses entspringt meines Erachtens einem gesunden Empfinden.
Ausnahmen von der Verfassung sollte es nur bei wirklich schwerwiegenden Gründen geben.
Diese werden u.a. im Zusammenhang mit dem Mikrozensus
(und auch der wieder geplanten Volkszählung) behauptet.

Es lohnt sich vielleicht, einen kurzen Blick auf die grundlegende Entwicklung der Mikrozensusgesetze
in der Zeit nach dem entsprechenden Bundesverfassungsgerichtsurteil von 1983 zu werfen.
Aus der diesbezüglichen Literatur über Mikrozensus und Volkszählung,
die mehrere Jahre nach dem BVerfG-Urteil erschienen ist, entnehme ich,
dass die Voraussetzungen für Ausnahmen vom Recht auf informationelle Selbstbestimmung,
die das BVerfG forderte, nicht vorliegen:
Beispielsweise ist aus einem dort vereinfacht dargestellten verfassungsrechtlichen Gutachten zu entnehmen,
dass die Art der Datenerhebung (z.B. freiwillig oder Zwang)
vom Gesetzgeber nicht ernsthaft analysiert und abgewogen wurde.
Auch ein Richter vom Verwaltungsgerichtshof wird dort zitiert,
dass die diesbezüglichen Anstrengungen vor Verabschiedung des Mikrozensusgesetzes eher bescheiden anmuten.

Weiterhin ist dort z.B. zu entnehmen, dass sich mehrere Sozialwissenschaftler, Statistiker und Datenschutzbeauftragte
bei einer Anhörung im Bundestagsausschuss gegen eine Auskunftspflicht ausgesprochen hatten.
Eine eingehende Analyse über die Relevanz empirischer Methoden wurde nicht durchgeführt,
obwohl auch diese vom Verfassungsgericht gefordert wurde, denn viele Politikwissenschaftler vertraten
die Auffassung, dass empirische Untersuchungen nur eine beschränkte Aussagefähigkeit
bei den Entscheidungsprozessen haben, u.a. weil diese nur bedingt geeignet sind,
die gesellschaftliche Realität adäquat abzubilden.
Kurzum: Wirklich relevante Daten sind mit solchen Erhebungen kaum möglich.

Und wie sieht es heute aus?
Die Anfrage an das statistische Amt im Rahmen des Informationsgesetzes bezgl. Nachweise (Behauptungen sind keine Nachweise)
darüber, ob der Mikrozensus zur Verbesserung der Lebensbedingungen beigetragen hat,
ist hier auf dieser Website auszugsweise dargestellt. Da konnte also dieses Amt
keine überprüfbaren Nachweise über einen erheblichen Nutzen des Mikrozensus benennen
(welche gem. BVerfG eigentlich notwendig wären),
aber es bedroht trotzdem säumige Bürger mit Zwangsgelder und Erzwingungshaft.

In meinem Fall behauptet das statistische Amt, der Mikrozensus würde für eine "rationale Politikgestaltung" benötigt.
Sieht man sich die Ebene der eher banalen und oberflächlichen (hinsichtlich der Politikgestaltung) Fragen an,
so kann man deren Antworten noch so oft kombinieren und durch den Computerrechner jagen,
ohne dass strukturell  kaum jemals jene Ebene erreicht wird,
die tatsächlich für eine nichtstatische, zukunftsgerichtete "rationale Politikgestaltung" benötigt wird.

Auch hinken die Daten andauernd nur einer Teil-Realität hinterher.
Dass dann Nachweise über einen erheblichen Nutzen nicht benannt werden können, wundert mich nicht.
Kurzum: Mikrozensus (und auch die wieder geplante Volks"zählung" bzw. Zensus) sind strukturell kaum geeignet,
das Land weiter voran zu bringen.

Ich finde, eine nur beschränkte Aussagefähigkeit von Zwangs-Erhebungsdaten darf Verfassungsgrundsätze nicht aushebeln.
Sonst könnte man gleich die Verfassung als Tapete verwenden.
Wo ist der schwerwiegende Nutzen, wenn z.B. die bekannte Tatsache auch als Mikrozensusergebnis vorliegt,
dass Söhne länger als Töchter im "Hotel Mama" wohnen?

Solche Zwangserhebungen sind nicht nur "ein paar Fragen", sondern sie sind für viele Betroffene ein quantitativer
(weit über 100 Fragen, Datenerhebung an jeweils vier aufeinanderfolgenden Jahren),
aber auch ein tiefer Eingriff in die grundgesetzlich geschützte Privatsphäre, denn es ist die Absicht des Gesetzgebers,
eine umfassende Erhebung mit tiefer fachlicher Gliederung zu erreichen (lt. Bundestagsdrucksache 15/2543).
Allerdings rechtfertigt das magere Mikrozensus-Ergebnis keine Ausnahme von Verfassungsgrundsätzen.
Die Verpflichtung zur Teilnahme unter Androhung von Zwangsgelder und Erzwingungshaft
wird mit der angeblich höheren Qualität der Daten begründet (lt. Bundestagsdrucksache 15/2543).
Ich jedenfalls habe wegen dieser Erpressermethoden keine wahrheitsgemässen Angaben gemacht.
Wenn dabei meines Erachtens etwas "verantwortungslos" ist,
dann ist es die Aufrechterhaltung dieser Steuergeldverschwendung von rd. 23 Mio.EUR Jahr für Jahr,
für statische und (hinsichtlich der Politikgestaltung) banale Datenergebnisse, die nicht geeignet sind,
die Lebensverhältnisse entscheidend zu verbessern.

Zuletzt noch ein Auszug aus einer überregionalen Anzeigenserie des statistischen Bundesamtes, Anfang 1986,
anlässlich der sog. "grossen Schwester" des Mikrozensus, der Volkszählung:
" ......   Für viele Entscheidungen, die uns alle betreffen, fehlen uns deshalb zuverlässige Daten.
Dies gilt für die langfristige vorausschauende Planung von Arbeitsplätzen, Renten, Schulen, Wohnungen oder Verkehrswegen  .......".
Es mögen die Leser nun selbst zurückblicken, wie diese Entwicklungen in den letzten 20 Jahren verlaufen sind
und ob in unserer Marktwirtschaft nun tatsächlich die Arbeitsplätze, Wohnungen
oder z.B. die Geburtenraten (Renten, Schulen) "geplant" worden sind
und ob die Entwicklungen genauso auch ohne Mikrozensus und Volks"zählung" verlaufen wären, etc.
Ähnlichen Behauptungen vom Niveau der Anzeigenserie sind wohl auch (aber nicht nur)
die Parlamentarier auf dem Leim gegangen und winkten die entsprechenden Gesetze offenbar einfach durch,
ohne dass eine objektive und unabhängige Analyse über die Relevanz solcher Datenergebnisse ernsthaft durchgeführt wurde.

SIE glauben an ihre heilige Statistik.
SIE glauben an die Macht der Daten.
Aber SIE glauben selbst nicht daran,
daß das dem Wohl des Ganzen dient.
Und ich bin nicht bereit,
dieser merkwürdigen Religion beizutreten
oder ihr auf irgendeine Weise zu dienen!


Am 8. Dezember 2007 erhielt ich eine E-Mail mit folgendem Inhalt:
Sehr geehrter Herr Bläse,

Durch zufall sind wir auf ihre Webseite gestossen und völlig erstaund, was
unser Staat einigen Bürgern zumutet. Leider ist der Mikrozensus in
Deutschland wenig bekannt und wird von den Medien auch nicht groß beachtet,
denn die Auswertung des Mikrozensus bringt der Medienlandschaft ja viele
Vorteile, um Nachrichten zu erstellen.
Alle macht geht vom Volke aus, so zumindestens steht es in großen Worten in
Berlin, leider hat sich die Zeit geändert und es sollte heißen alle macht
geht von ein paar Hundert Politikern und einigen Verfassungsrichtern aus.
Da wir erschüttert über die Vorgehensweise und über dieses Gesetz sind,
unterstützen wir ihr anliegen und haben einen entsprechenden Artikel auf
unserer Webseite veröffentlicht.
Ich hoffe ihnen damit zumindestens etwas behilflich zu sein und ich hoffe,
das viele Menschen auf diese Stasi Methoden aufmerksam werden.

Mit freundlichen Grüßen

Jürgen Reiner
IntersurfRadio
http://www.intersurfradio.de



Von Simon Nomis erhielt ich am 2. Januar 2008 diesen Erfahrungsbericht,
den ich unverändert hier einfüge:

Hilfe, der Mikrozensus geht um!


Mikrozensus. Das hört sich an, wie eine ansteckende Krankheit. Ist aber der Definition nach keine. Dennoch wird man davon so unerwartet heimgesucht, wie von einem Virus. Und hat man ihn einmal, wird man ihn nicht wieder so schnell los. Ob er ansteckend ist oder nicht, weiß man nicht. Der Mikrozensus ist noch weitestgehend unerforscht. Kaum einer weiß davon, und wird somit auch nicht verstehen können, wie lästig er sein kann. Man weiß bisher nur, dass nie mehr als ein Prozent der Bevölkerung davon befallen wird. Kein Grund zur Panik also. Selbst die Forschung kann bisher nur Vermutungen anstellen. Außerdem gehen die Meinungen weit auseinander. Ein Teil glaubt, es sei besser, nach Möglichkeiten zu suchen, den Mikrozensus schon im Keim zu ersticken. Ein anderer Teil sieht das nicht so. Vielmehr sei der Mikrozenus als eine Art heilende Krankheit zu verstehen und es sei gesünder, ihn nicht zu stoppen. Denn anhand der Auswertungen bisher entnommener Proben, könnte man viel schlimmere Unannehmlichkeiten bekämpfen und vermeiden. Welche Unanehmlichkeiten gemeint sind, ist unklar. Es mag sein, dass damit der Makrozensus gemeint ist. Glaubt man den Gerüchten, handelt es sich hierbei um einen zu erwartenden Virus, der spätestens im Jahre 2011 um sich greifen wird. Doch man weiß es nicht genau. Bisher ist der Großteil der Bevölkerung davon verschont geblieben. Aber sie hat das Recht, darüber aufgeklärt zu werden. Denn es kann jeden treffen und eine Impfung ist zwecklos.-

Zum besseren Verständnis folgt nun der Erfahrungsbericht eines Betroffenen:


Zur Erhebung berechtigt

Am xten Juli 2006 erhielt der Haushalt X (im Folgenden wird hierfür der juristisch vorgegebene Begriff „Erhebungseinheit“ benutzt)| einen Brief in zweifacher Ausführung. Einer ging an den Namen, wie er auf dem ersten Klingelschild zu lesen ist, einer an den Namen, wie er auf dem Klingelschild darunter zu lesen ist. Die Umschläge waren frankiert, die Adressen per Hand eingetragen und zwar genauso wie sie auf den beiden Klingelschildern zu lesen waren, d.h. der eine ging an A. Mustermann, der andere an B. Mustermann. Als Absender diente das Landesamt für Datenverarbeitung und Statistik.

Die Anreden im Briefkopf wiederum waren jeweils unpersönlich, sehr geehrte Damen und Herren. Es ging um den sogenannten Mikrozensus, durch welchen Erhebungen über Bevölkerung und Arbeitsmarkt durchgeführt werden, um eine repräsentative Statistik erfassen zu können, und damit eine „unverzichtbare Grundlage für alle, die Entscheidungen auf diesen Gebieten zu treffen haben“ herauszubilden.

So weit so gut. Hier stand also eine Art Volkszählung vor der Tür. Dass diese aber im wahrsten Sinne vor der Tür stand, wurde der Erhebungseinheit erst im weiteren Verlauf ziemlich deutlich (gemacht).

Der Mikrozensus ist nämlich, im Gegensatz zur altbekannten Volkszählung, ein wenig abgeändert: „Ein Prozent der Haushalte, die in bis zu vier aufeinanderfolgenden Jahren nach einem mathematischen Zufallsverfahren bestimmt wurden, sind daran beteiligt. Sie werden in diesem Zeitraum einmal pro Jahr gebeten, die im Mikrozensusgesetz festgelegten Fragen zu beantworten.“ Ach, nur gebeten, na dann geht’s ja noch, dachte die mathematisch zufällig bestimmte Erhebungseinheit.

Diesem Schreiben war aber Weiteres beigefügt: Die Gesetzesgrundlage über statistische Erhebungen, Informationen über aktuellen Sinn und Zweck des Ganzen, Infos über den gewährleisteten Datenschutz, und gesetzte Angaben „zu Ihrer Auskunftsverpflichtung“.

Außerdem enthalten: Die Besuchsankündigung eines ehrenamtlich dienenden aufwandsentschädigten „Interviewers“.

Diese Besuchsankündigung war eine beigelegte Karte, auf welcher sich der Interviewer „erlaubt“ am xten Oktober dieses Jahres seiner ehrenamtlichen Tätigkeit nachzukommen, und die Erhebung mit den zu befragenden Personen des Haushaltes durchzuführen. Diese Karte war von ihm persönlich ausgefüllt und unterzeichnet und den jeweiligen, zugeklebten Briefen beigelegt.

Lange bevor dieser Mensch also klingeln würde, klingelten hier erstmal sämtliche Alarmglocken einer paranoiden Erhebungseinheit und diese sollte sich schon jetzt geradezu entkleidet fühlen, obwohl der Termin zum Betreten der Umkleide noch weit entfernt war. Denn der erste Gedanke war: Was habe ich getan? Was wollen die wissen? Wieso 'ausgerechnet' ich? Wenn doch nur 1 Prozent auserwählt wurden und das auch noch per mathematischem Zufallstreffer, während dieser mir beim Lotto nie geholfen hat.

Der zweite Frage war: Wieso wurden zwei Briefe ausgesandt und woher entnahm man die Adressen? Denn, zwar wird der vertrauensvolle Umgang mit den erhobenen Daten, dem später ausgefüllten Fragebogen also, gewährleistet, ist aber, auch wenn man versucht, es so erscheinen zu lassen, keineswegs anonym. Schließlich waren beide Briefumschläge handschriftlich adressiert, und auf die Art und Weise, in welcher Form die Namen der Erhebungseinheiten auf die Briefumschläge eingetragen wurden, ist anzunehmen, dass man sie von den Klingelschildern buchstabengetreu abgeschrieben hat. Daraufhin erst wurden die Briefe in Umschläge gesteckt, der Wortlaut der Klingelschilder handschriftlich als Adresse übernommen, mit Briefmarken frankiert, und ab mit der 1-prozentigen gestempelten Post. Rückwärts betrachet deutet dies darauf hin, dass irgendwer schon einmal vorher da war, um die Namen auf den Klingelschildern abzuschreiben, die in der Regel nicht unweit der privatgrundstücklichen Haustüre angebracht sind.

Na gut, auch das ist alles im Rahmen bestimmter Mikroumfragen noch angemessen. Denn wenn die Daten geschützt sind, darf der Befrager ja nicht gleich die Adresse beim Meldeamt einholen, bevor die Befragung überhaupt durchgeführt wurde. Möglicherweise wurde also nur das Haus per Zufall ausgewählt, das Vorgartentürchen eigenhändig geöffnet und die dahinter wohnenden Parteien entsprechend durch Erforschung der Klingelschilder ermittelt und hernach per Brief sorgfältig angeschrieben. Man stand aber offenbar vor dem Problem, dass es zwei Klingelschilder, aber nur einen Briefkasten gab und somit nicht zu erkennen war, ob zwei Haushalte in einem Hause hausen oder doch nur zwei getrennt voneinander zusammenlebende Parteien. Diesem verwirrenden Umstand wurde jedoch gleich herausfordernd entgegengewirkt. Da sich die Namen zweier Klingelschildbürger auf einem Briefkasten vereinten, wurden auch zwei Termine vergeben. Der xte Oktober zwischen 17 und 18 Uhr für Herr/Frau? A. Mustermann und der gleiche Termin sicherheitshalber für Herr/Frau? B. Mustermann.

In ferner Zukunft würde also der ehrenamtlich geschulte Interviewer mit zwei Fragebögen kommen und am gedeckten Kaffeetisch seine Fragen stellen. Dann, so die Vorgabe, seien die Fragebögen vom Interviewer einzutüten, nachdem sie demselben in aller Verschwiegenheit anvertraut wurden. Danach werden Vorname, Nachname und Adresse dem Interviewer mündlich mitgeteilt, so dass er sie lautgetreu auf die Umschläge eintragen kann, um sie dann mit ins Amt zu nehmen, in welchem sie anonym wieder geöffnet und die Daten statistisch erhoben werden.

Mit wem, fragte sich die datengeschützte Erhebungseinheit, wird der Interviewer also wohl gesprochen haben, wenn nicht mit den jeweiligen Personen des eingetüteten Haushaltes auf den Klingelschildern? Wird der nämliche, nicht anonyme, Umschlag umgehend verbrannt und werden die Fragebögen mit tausend anderen vermischt, bevor die anonymen Daten und Registriernummern in einem Computer erfasst werden? Oder werden die Namen auf den Umschlägen in die Maske eingetragen und daraufhin mit den anonym erhobenen Daten getrennt voneinander ergänzt? Oder, bei soviel Spitzfindigkeit, steht etwa hinter jedem, der die Umschläge wieder öffnet und hinter jedem (der wieder ein anderer sein sollte), der die Daten danach in einen Computer tippt, ein Datenschutzbeauftragter? Und, sind diese Datenschutzbeauftragten ebenfalls ehrenamtlich geschult und werden nach getaner Arbeit mit einer Aufwandsentschädigung wieder nach Hause geschickt?

Bevor man sich aber solche Fragen über den Fragebogen stellen durfte, kamen einem zunächst andere Fragen in den Sinn. Nämlich: Was soll das mit der Auskunftspflicht? Und in diesem Zusammenhang sehr wichtig: Welche Fragen werden mir gestellt? Was passiert mit den im Umschlag befindlichen anonymen persönlichen Daten nach der ganzen Aktion? Und: Was soll das mit dem „Interviewer“ überhaupt?

Zur Frage, was soll das mit der Auskunftspflicht: Der per Zufall auserwählte Haushalt ist „gesetzlich dazu verpflichtet“, an dieser Aktion teilzunehmen, was er schon im Begleiterscheinungsschreiben herauslesen konnte, in welchem er höflicherweise auf seine nicht ersetzbare Mitarbeit hingewiesen wurde. Wer so unvorbereitet die Worte gesetzlich verpflichtet liest, dem wird ganz verpflochten ums Herz und sucht umgehend nach Entwirrung bei anderen Auserwählten. Wie diese dann berichteten, hat eine Verweigerung Maßnahmen zur Folge, die von 150 Euro Bußgeld bis zur Androhung von Beugehaft gehen. Außerdem haben Nichtverweigerer bei eventuellen „unstimmigen oder fehlerhaften Angaben“ ebenfalls Strafmaßnahmen zu erwarten. Soviel also zur nicht ersetzbaren Mitarbeit.

Mit solchen Schreckensberichten getröstet, ging man lieber gleich zur nächsten Frage über: Was kann an einem statistischen Fragebogen so erheblich wichtig sein, dass man, wenn man ihn nicht beantwortet, dafür gleich maßnahmentlich bestraft wird? Welche zwingend notwendigen Fragen werden mir also gestellt?

Im Infobrief wurde erwähnt, die Befragung dauere nur etwa 10 bis 30 Minuten und beziehe sich auf die „wenigen“ Bereiche, wie Wohn- Lebens- und Arbeitssituation. Den ganzen Fragebogen kann man sich auch als PDF anschauen, von einem Ausgefragten heimlich abkopiert, damit man weiß, was einen erwartet. Es sind ca. 55 Fragebögen mit jeweils ca. 3 bis 4 Fragen. Vergleichbar wäre das mit der Situation, als würde man einen Bogen der Krankenkasse, einen des Arbeitsamtes, einen des Finanzamtes und ein paar mehr gleichzeitig ausfüllen. Müssen.

Es ist, wie ein anderer schrieb, kein Bogen, sondern ein Katalog. Jeder Katalog enthält eine Registriernummer, womit die Frage, was passiert mit den erhobenen Daten, auch schon so gut wie beantwortet ist.

Dafür wenden wir uns ab nun einem Interviewer persönlich zu.

Also, was passiert mit den Daten nach einer zusammengebastelten Statistik?

Der Interviewer versichert (Alle Zitate dieser hier anonymen Person sind nachzulesen auf www.Myblawg/Mikrozenus.de):

Es findet keine Datenerfassung zu den Personen statt. Die Daten kommen alle in den großen Statistiktopf des Statistischen Bundesamtes und später zum Europäischen Statistikamt (EUROSTAT). Der Datenschutz ist selbstverständlich zu 100% gewährleistet! Die auf den Laptops der Erhebungsbeauftragten befindlichen Daten werden nach 6 Wochen gelöscht! ...

Und weiter:

Die erhobenen statistischen Daten werden völlig getrennt von Ihren persönlichen Daten, wie Namen und Adressen aufgenommen. Es werden auch keinerlei personenbezogene Daten gespeichert. Die Statistischen Ämter haben jeweils eigene Datenschutzbeauftragte, die darüber wachen.

Das beruhigt. Man kann seine Daten also dem Erhebungsbeauftragten diktieren, ohne einen Bogen ausfüllen zu müssen, da er sie tiptop in den Laptop tipt. Wenigstens da werden sie dann nach 6 Wochen gelöscht, denn das Bundesstatistikgesetz §17 versichert:

Vor- und Familiennamen der Haushaltsmitglieder, Telekommunikationsanschlussnummern, Straße, Hausnummer, Lage der Wohnung im Gebäude, Vor und Familienname des Wohnungsinhabers/haberin und Name der Arbeitsstätte sind Hilfsmerkmale, die lediglich der technischen Durchführung der Erhebung dienen. Sie werden- von den Erhebungsmerkmalen unverzüglich- nach Anschluß der Plausibilitätsprüfung getrennt und -gesondert aufbewahrt. Alle Erhebungsunterlagen einschließlich der Hilfsmerkmale werden nach Abschluß der Aufbereitung der letzten Erhebung nach § 3MZG 2005 vernichtet.

Da man jedoch vier mal, nämlich vier aufeinanderfolgende Jahre, an einer Erhebung teilnehmen muß, werden die Daten auch erst nach vier Jahren, also nach Abschluß der Aufbereitung der letzten Erhebung vernichtet.

Eine Erhebungseinheit ahnt also schon mal, dass folgende Daten völlig getrennt voneinander irgendwo über vier Jahre lang in etwa so gespeichert werden:

Adolf, Bedolf und Cedolfine Mustermann
Tel 123
Musterstraße 123,
1. , 2. und 3.Stock, +1freier Stuhl im Keller
Von Beruf Mustermänner und Musterfrauen
in namentlich mustergültigen Betrieben
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Sonstige Angaben
über Wohn-, Arbeits-,
Lebens-, und ähnliche|
unerhebliche Situationen
von links stehenden Angaben
getrennt aufbewahrt

(Nach Abschluß einer Plausibilitätsprüfung sauber durchgelocht und abgeheftet)


Es ist also nur nachforschbar, wer mitgemacht hat, nicht aber zu wem welche Daten gehören. Denn um ganz sicher zu gehen, dass diese gewisse Anonymität gewährleistet bleibt, ist jeder Fragebogen mit einer einmaligen unverwechselbaren „Haushalts-Kennziffer“ versehen.

Der Interviewer weiß auch was darüber zu sagen; Zitat:

Die Haushalts-Kennziffer auf dem Fragebogen dient dazu, den Fragebogen dem jeweiligen Befragungsbezirk zuordnen zu können. Ausserdem wird dadurch festgestellt, ob der Haushalt seiner Auskunftspflicht nachgekommen ist oder nicht.

Feststellen? Wie denn? Welcher Haushalt denn? Gewiss der, dem man nachweisen kann, dass er seiner Pflicht nachgekommen ist. Wer darin wohnt ist doch völlig getrennt unerheblich.

Alles wird also vier Jahre lang anonym registriert. Das ist nicht zu bezweifeln. Denn anonym heißt, „ohne Namen“. Anonym heißt nicht: Ohne Zahlen.


Die Hilfsdaten sind darunter hinaus nicht nur die Namen, die auf dem Umschlag als Absender nachzulesen sind. Es sind ebenfalls die Namen, wie man sie innerhalb des Bogens auf manch zwischengestreute Extra-Laschen einzutragen hat. Diese Lasche lässt sich abtrennen und ist unterhalb bestimmter Fragen zu finden. Zum Beispiel unter dieser: „Bitte geben Sie den Namen des Betriebes an, in dem Sie tätig sind. Tragen Sie bitte unten auf der ausgeklappten Lasche den Namen des Betriebes ein.“

Diese Lasche darf dann vom Sachbearbeiter so anonym wie möglich fröhlich auf- und zugeklappt werden, bevor er sie vom Bogen abtrennt und wohin auch immer abheftet.

Dann hätte man auch gleich seinen Arbeitsvertrag einreichen, den eigenen Namen schwärzen und stattdessen eine Visitenkarte beilegen können.

Und, was sagt der Erhebungsbeauftragte dazu? Zitat:

I.:Nach dem Arbeitgeber wird nicht(?) gefragt sondern lediglich nach der Branche (dem Wirtschaftszweig), in der Sie arbeiten.“

II:„Als Arbeitsort ist lediglich von Interesse, zu welchem Regierungsbezirk Ihr Arbeitsort gehört. Daraus kann man z.B. ersehen, dass in den letzten 10 Jahren immer mehr Arbeitnehmer immer weitere Entfernungen zwischen Wohn- und Arbeitsort in Kauf nehmen (müssen). Ist das verdächtig?“

Verdächtig? Na wenn er schon mal fragt, Ja. Denn zu I., das stimmt nicht, siehe oben! Und zu Zweitens: Wenn der Arbeitsort einer Erhebungseinheit auf einem abtrennbaren Faltblatt eingetragen wird und dieses anonym statistisch erhoben wird, wie kann man dann feststellen, welche Entfernung zwischen der Wohnung eines „namenlosen“ Befragten und seines abgetrennten Arbeitsplatzes liegt?

Dazu sagt er bestimmt, Sie können sich darauf verlassen, dass hier nichts durcheinander gerät. Ordnung halten war schon immer unser Spezialgebiet. Und wer die Ordnung stört, dem drohen wir eben mit Beugehaft. Was haben Sie denn schon zu befürchten, wenn alles, was so sorgfältig zusammengestellt wurde, auch wieder ganz sorgfältig voneinander getrennt wird? Außerdem ist der Datenschutz ja „bis auf wenige Ausnahmeregelungen“, zu 100% gewährleistet.

Bis auf etwa ein Prozent vielleicht?